Motoren verbrauchen rund 27 Prozent der gesamten elektrischen Energie – ein Teil davon liesse sich mit effizienteren Systemen einsparen. Im Rahmen der Energiestrategie 2050 erwartet der Bund von Herstellern und Anwendern grosse Einsparungen, die es zu realisieren gilt. An der Fachtagung im Trafo liefen die Diskussionen unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern heiss – sowohl bei den Fachreferaten als auch in den Pausen und an der begleitenden Tischmesse.
In den Fachreferaten präsentierten Motoren- und Antriebshersteller ihre Lösungen: Motoren mit IE4, SiC-Schalter für Frequenz-umrichter und Energy-Efficiency-Services sind nur einige Beispiele, wie die Industrie versucht, die Energieeffizienz zu steigern.
Alte und ineffiziente Antriebe blockieren die Erneuerung
Conrad U. Brunner von Topmotors – ein Projekt, das darauf abzielt, den Energieverbrauch von Elektromotoren und Antriebssystemen in der Industrie, bei Infrastrukturprojekten und in grossen Gebäuden durch wirtschaftliche Massnahmen zu vermindern – wählte in seinem Referat deutliche Worte. Seiner Meinung nach gehören alte und ineffiziente Antriebe ins Museum. Jedoch betonte er auch, dass es nicht nur auf die einzelnen Komponenten eines Antriebs ankomme, sondern auf das Gesamtsystem.
Als Gründe, warum die Industrie in Sachen Energieeffizienz noch nicht da ist, wo sie sein könnte, nannte er im Wesentlichen fünf Punkte: Erstens sind viele der eingesetzten Motoren älter als zwanzig Jahre und entsprechen damit nicht mehr dem neusten Stand der Technik. Zweitens haben viele dieser Motoren IE0 oder IE1. Drittens sind Antriebssysteme und Motoren häufig überdimensioniert – auch das ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Viertens ist oft keine Lastregulierung vorhanden. Und last but not least fehlt häufig eine Systemintegration. Gefragt sind effiziente Gesamtsysteme, die clever geplant und umgesetzt sind. Denn diese erfüllen die geforderten Verbesserungen auch in Sachen Wirtschaftlichkeit.
Die Keynote – Energiestrategie mit ambitionierten Zielen
Die Keynote hielt Dr. ès. sc. Richard Phillips vom Bundesamt für Energie, BFE. Er erläuterte, welche Bedeutung die elektrischen Antriebe im Rahmen des ersten Massnahmenpakets der Energiestrategie 2050 haben. Am 25. Mai 2011 hat der Bundesrat den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Das Parlament hat diesen Entscheid im Herbst des gleichen Jahres bestätigt. In der Folge hat der Bundesrat die Energiestrategie 2050, kurz ES 2050, erarbeitet, die in zwei Etappen umgesetzt werden soll.
Die Ziele sind ambitioniert: Alleine beim Stromverbrauch sollen im Szenario «Neue Energiepolitik» bis 2050 rund 16 TWh gegenüber einem Szenario «Weiter wie bisher» eingespart werden. Die erste Etappe bis 2020 hat schon begonnen: Das Parlament hat 2013 mit der Parlamentarischen Initiative 12.400 die Freigabe von Investitionen in erneuerbare Energien bei gleichzeitigen Erleichterungen für stromintensive Unternehmen beschlossen. Es berät derzeit das erste Massnahmenpaket, mit dem mindestens die Hälfte der Stromverbrauchsreduktionsziele der ES 2050 erreicht werden sollen.
Regulierung, finanzielle Förderung sowie Beratung und Bildung
Dieses erste Massnahmenpaket zielt auf eine konsequente Umsetzung der Energie- und Stromeffizienz im Gebäudebereich, im Industrie- und Dienstleistungssektor, bei Elektrogeräten und in der Mobilität sowie auf den Zubau erneuerbarer Energien. Zwei Massnahmengruppen in den Bereichen «Industrie und Dienstleistungen» und «Elektrogeräte» sind für die elektrische Antriebe bedeutend: Erstens die Verstärkung und der Ausbau der wettbewerblichen Ausschreibungen und zweitens die Verschärfung und Ausweitung der Effizienzvorschriften für Elektrogeräte. Erreicht werden sollen die Ziele hauptsächlich mit drei Instrumenten: Regulierung, finanzielle Förderung sowie Beratung/Aus- und Weiterbildung.
Analysen helfen, Instrumente für die Umsetzung zu evaluieren
Unter elektrischen Antrieben versteht der Bund ein System mit einer Stromversorgungseinheit, optional einem Frequenzumrichter, einem Motor, einer Übertragungseinheit und einer Funktionseinheit, die von der Anwendung abhängig ist. In den Statistiken, die das BFE für die Ausarbeitung der Strategien verwendet, ist jeweils nur der Motor berücksichtigt. Der Stromverbrauch für diesen entspricht rund 49 Prozent des gesamten jährlichen Stromverbrauchs der Schweiz.
Die Marktanalyse der elektrischen Antriebe in der Industrie hat gezeigt, dass die Top-Drei-Verbraucher die folgenden Branchen sind: Chemie, Papier/Karton sowie Nahrung/Getränke/Tabak. Die Analysen liefern wertvolle Hinweise, welche Instrumente sich zur Umsetzung des ersten Massnahmenpakets verwenden lassen. Eine Regulierung ist beispielsweise bei Komponenten und Massenprodukten wie Motoren und Haushaltsgeräten sinnvoll. Indirekte Massnahmen unterstützen die Regulierung von Produkten mit hohem Verbrauch und hohen Stückzahlen, wie etwa Umwälzpumpen. Schliesslich sind Finanzhilfen zur Förderung der Stromeffizienz von Systemen, allenfalls ergänzend zur Regulierung, geeignet.
Netzzuschlag sparen und in effizientere Antriebssysteme investieren
Einige aktuelle Beispiele sollen zeigen, wie sich das erste Massnahmenpaket und die entsprechende Wirkung ausgestalten lassen. Erstes Beispiel im Bereich Regulierung ist der neue Artikel 15bbis des Energiegesetzes: Strom- intensive Unternehmen können sich vom Netzzuschlag für die kostendeckende Einspeisevergütung befreien, falls sie eine Zielvereinbarung abschliessen und mindestens 20 Prozent des Rückerstattungsbetrags für Energieeffizienzmassnahmen einsetzen. Diese Mittel könnten sie beispielsweise in Projekte für effizientere elektrische Antriebssysteme investieren.
Zweites Beispiel: In der Energieverordnung gibt es derzeit Vorschriften für 14 Gerätekategorien, darunter 6 mit elektrischen Antrieben. Zusätzliche Vorschriften für Wärmepumpen zu Raumheizung, Wasserpumpen, Raumklimageräten und Ventilatoren sind in der Konsultationsphase im Rahmen einer Revision der Energieverordnung. Die geschätzte Stromeinsparung durch die Einführung der neuen Vorschriften und die Verschärfung der bestehenden Vorschriften, etwa bei Elektromotoren, liegt bei 480 GWh.
Kampagnen sind wirkungsvoll, wenn auch schwierig zu quantifizieren
Die indirekten Massnahmen setzt der Bund im Rahmen des Programms EnergieSchweiz um. Das Programm fördert hauptsächlich Information, Beratung, Aus- und Weiterbildung sowie Qualitätssicherung und unterstützt seit Jahren effiziente elektrische Antriebe durch verschiedene Kampagnen. Bekannte Beispiele sind die Kampagne für effiziente Druckluft und Kälte sowie topmotors.ch und die Informationskampagne für effiziente Umwälzpumpen. Diese Kampagnen bearbeiten hauptsächlich Themen wie Optimierung, Sanierung, Erneuerung und Neubau durch selbsterklärende Dokumente wie Checklisten, gute Beispiele, Benchmark, Dimensionierungshilfen, Bauherrenfallen usw. Ziel ist auch hier, den Stromverbrauch mit wenig Aufwand zu reduzieren und so Stromkosten zu sparen. Die Wirkung solcher Kampagnen in GWh zu quantifizieren, ist schwierig. Sie sensibilisieren das Zielpublikum – Betreiber, Vertrieb, Hersteller, Planer und andere – für die Thematik. Als besonders wirksam erweisen sich gemeinsame Kampagnen mit den Fachverbänden und ihren Netzwerken. So können die Akteure praxisnahe Informationen an Veranstaltungen, Workshops, Konferenzen und in verschiedenen Dokumenten vermitteln.
ProKilowatt bietet Finanzhilfe für Programme und Projekte
Finanzhilfen für Stromeffizienz bieten die wettbewerblichen Ausschreibungen. Sie fördern Umsetzungsmassnahmen für die Senkung des Stromverbrauchs in den Bereichen Geräte, Anlagen, Fahrzeuge und Gebäude. Die Massnahmen sollen additional sein, d.h., dass sie nicht ohne Fördermittel umsetzbar sind. Die erste Ausschreibungsrunde hat ProKilo-watt im Jahr 2010 lanciert und seither 36 Projekte und 22 Programme im Bereich elektrischer Antriebe gefördert. Förderbeiträge gibt es für Projekte, die besonders effiziente Anlagen realisieren wollen.
Die Förderung von Programmen richtet sich an Unternehmen, Gemeinden oder Private. Programme im Bereich elektrischer Antriebe fördern nicht nur die Umsetzung der Stromeffizienzmassnahmen, sondern auch die Grob- und Feinanalyse sowie Messungen. Die wettbewerblichen Ausschreibungen haben bis Ende 2013 insgesamt eine Stromeinsparung von 2,2 TWh ausgelöst – kumuliert über die Nutzungsdauer der realisierten Massnahmen –, davon zirka 50 Prozent im Bereich elektrischer Antriebe. Die nächste Ausschreibungsrunde startet im November 2014.
Massnahmen sollen auch Innovationen fördern
Die im ersten Massnahmenpaket der ES 2050 vorgesehenen Massnahmen zur Förderung energieeffizienter elektrischer Antriebe knüpfen an diese Instrumente an. Die Energieverordnung und die entsprechenden Vorschriften passt der Bund nach Bedarf an oder erstellt sie neu. Die indirekten Massnahmen setzt wie bisher das Programm EnergieSchweiz um – jedoch mit mehr finanziellen Mitteln. Auch bei den wettbewerblichen Ausschreibungen wird das Budget aufgestockt und durch Massnahmen bei der Produktion und Verteilung von Strom ergänzt.
Das erste Massnahmenpaket soll auch im Bereich der elektrischen Antriebe die Rahmenbedingungen für Innovationen verbessern. Von effizienteren elektrischen Antrieben profitieren alle: Die Wirtschaft spart Stromkosten, Motorenhersteller profilieren sich mit Best-Geräten und – last but not least – auch die Stromversorgung in der Schweiz wird ein gutes Stück günstiger und sicherer.
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