Wälzlager in Landmaschinen müssen hohe Anforderungen betreffend Dichtungs-Performance erfüllen. NSK hat speziell dafür Rillenkugellager mit optimierter Dichtung entwickelt. Dabei haben die Ingenieure auch den Zielkonflikt zwischen optimaler Dichtungswirkung und geringer Reibung sehr gut gelöst. Die Ergebnisse eines Testaufbaus mit abwechselnden Belastungs- und Hochdruckwasser-Beaufschlagungsprüfungen beweist das.
Widerstand gegen ungünstige Kräfte, Schmutz und Feuchtigkeit
Warum die Landmaschinenhersteller besondere, an die Aufgabenstellung angepasste Wälzlager verwenden (müssen), liegt auf der Hand, wenn man sich die Anforderungen in der Praxis vergegenwärtigt. Am Beispiel von Kurzscheibeneggen lässt sich das anschaulich zeigen. Die scheibenförmigen, separat aufgehängten und gefederten Werkzeuge der Eggen greifen in den Boden ein und lockern ihn auf. Da sie sich unabhängig von der Bodenbeschaffenheit und der Arbeitstiefe drehen müssen, sind Leichtlaufeigenschaften gefragt. Die Geräte fahren mit Arbeitsgeschwindigkeiten bis 18 km/h über unebenen Grund und müssen Schläge durch Steine hinnehmen, die im Boden liegen. Da die Werkzeuge winklig zur Laufrichtung angeordnet sind, wirken dabei starke axiale Belastungen auf die Lagerstellen.
Mindestens ebenso kritisch sind Staub, Feuchtigkeit, Schmutz und korrosive Düngemittel. Sie stellen hohe Anforderungen an die Abdichtung der Lager, wobei der Schutz vor abrasivem Feinstaub noch kritischer und schwerer zu realisieren ist als die Abdichtung des Lagerinneren gegenüber Feuchtigkeit.
Kurze jährliche Einsatzdauer, langer Stillstand der Maschine
Nach dem Einsatz auf dem Acker sind die Geräte nicht selten extrem verschmutzt, wobei die Art der Verschmutzung (Schlamm, Gülle, Sand und Feuchtigkeit) von der Bodenbeschaffenheit und der Witterung abhängt. Der Landwirt reinigt die Maschine mit dem Hochdruckreiniger, bevor sie für mehrere Monate – bis zum Einsatz im Folgejahr – stillsteht. Sollte bei der Reinigung Wasser in die Wälzlager eindringen, stehen die Chancen für die Wiederverwendung des Lagers bzw. des Gerätes eher schlecht. Diese Bedingungen gelten so oder ähnlich nicht nur für Kurzscheibeneggen, sondern für sämtliche Bodenbearbeitungsmaschinen. Insbesondere der Einsatzzyklus «Feldarbeit mit Schmutz, Staub und korrosivem Dünger, danach Hochdruckreinigung und Stillstand für mehrere Monate» ist anwendungstypisch und extrem herausfordernd. NSK stellt sich dieser Herausforderung. Die Dichtungstechnik gehört zu den Kernkompetenzen der Wälzlagerentwicklung, und es gibt unterschiedliche hochwirksame Dichtungssysteme, die allerdings mit Blick auf das anspruchsvolle Einsatzprofil der Agrartechnik noch optimierungsfähig waren.
Härtetest für Wälzlager: Simulation der Einsatzbedingungen
Die NSK-Entwickler des European Technology Center (ETC) in Ratingen haben viel Optimierungsarbeit in Angriff genommen. Dabei orientierten sie sich an einem Standard, den ein weltweit führender Landmaschinenhersteller für die Qualifizierung der zugekauften Wälzlager nutzt.
Der Hersteller hat einen Prüfstand im Einsatz, bei dem ein Wälzlager mit 5000 U/Min rotiert und mit 900 N belastet wird. Dieser Test dauert 500 Stunden und simuliert den Einsatz der Dichtung über eine Saison. Anschliessend wird – praxisgerecht – auf einem zweiten Prüfstand die Hochdruckreinigung simuliert, indem das Lager mit einem Hochdruck-Wasserstrahl von 100 bar Druck, 90 °C und einem Abstand von 200 mm beaufschlagt wird – über 220 Zyklen. Darauf folgt ein weiterer 500-Stunden-Test auf dem ersten Prüfstand. Somit werden insgesamt die Extrembedingungen über eine Einsatzdauer von zwei Jahren nachgebildet. Nach dem Abschluss dieser Testreihen werden die Lager zunächst auf 1 mg genau gewogen, um eventuellen Ölverlust zu erkennen. Sie werden optisch geprüft und es wird die Dichtwirkung sowie der Abrieb der Dichtung erfasst.
Kompromiss zwischen Dichtwirkung und Reibung für neue Dichtung
Um dem Landmaschinenhersteller Wälzlager bereitzustellen, die sich optimal für diese Bedingungen eignen, hat NSK die beschriebenen kundenspezifischen Prüfbedingungen nachgebildet und entsprechende Prüfstände gebaut.
Parallel haben die Techniker eine neue Dichtung für Rillenkugellager entwickelt, die speziell an die Anforderungen und Umgebungsbedingungen der Landmaschinenindustrie angepasst ist. Basis ist die in vielen Einsatzfeldern als Standard bewährte DU/ DDU-Dichtung. Nach Tests auf den Prüfständen zeigten sich jedoch Ölverluste – auch an Wettbewerbsprodukten. Bei der DU-Dichtung handelt es sich um eine schleifende Lippendichtung aus Acrylnitril-Butadien-Kautschuk mit Stahlarmierung, die an der Innenseite der U-förmigen Rille eine zusätzliche Dichtlippe hat, die eine zweifache Spaltdichtung mit zusätzlicher Fettkammer bildet.
Erfolgreiche Optimierungsprozesse
Die Entwickler mussten einen Zielkonflikt lösen. Die Anwendung fordert eine sehr gute Dichtwirkung unter Extrembedingungen. Das lässt sich am einfachsten mit einer Dichtung erreichen, die sich fest an die Umgebungskonstruktion anschmiegt. Das aber bedeutet höhere Reibmomente und damit hohe Wärmeentwicklung, was unerwünscht ist. Ergebnis der Entwicklung ist die ein- bzw. zweiseitig abgedichtete DG/DDG-Dreilippendichtung. Sie unterscheidet sich von der DU-Dichtung durch eine doppellippige Ausführung der Dichtung aus Acrylnitril-Butadien-Kautschuk mit Stahlarmierung. An der Innenseite der tiefer ausgebildeten U-förmigen Rille hat sie eine zusätzliche Spaltdichtung, die ebenfalls eine Fettkammer bildet.
Die Optimierungsarbeit war erfolgreich. Folgerichtig ist das Interesse der Landmaschinenhersteller gross, und NSK hat bereits die Serienproduktion der Rillenkugellager aufgenommen.
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