«The Panoramic Camera» heisst die vom Mullard Space Science Laboratory (MSSL-UCL) in Zusammenarbeit mit OHB (München), DLR (Berlin) und TAS-CH (Zürich) entwickelte Kamera. Sie soll Stereoaufnahmen des Planeten liefern. Die sogenannte PanCam verfügt über zwei rotierende Filterräder, die vor den Weitwinkelkameras angebracht sind – hergestellt von Thales Alenia, Zürich – und die es der PanCam erlauben, dreidimensionale Aufnahmen von Panoramalandschaften zu machen. Eine hochauflösende Kamera liefert Detailaufnahmen von Landschaften, geologischen Strukturen und Bodenproben. Drei Faulhaber-Schrittmotoren treiben die Rotationsachse für das Filterwechselsystem und die Fokussierung der hochauflösenden Kamera an.
Suche nach ehemaligen und aktuellen biologischen Aktivitäten
Die Mission ist klar, die Aufgaben im Einzelnen sind es ebenfalls. Die Ansprüche an eine Mars-geeignete Technik sind mit nichts vergleichbar. Gelingt die aktuell für 2020 terminierte Mission, dann soll sich der von der ESA gebaute Rover auf der Marsoberfläche auf die Suche machen nach ehemaligen oder aktuellen biologischen Aktivitäten. Hierbei sind Gesteinsbohrungen genauso vorgesehen, wie die Analytik mit verschiedenen Instrumenten. Damit die Daten und Messergebnisse wieder den Weg nach Hause finden, hilft der in der Umlaufbahn verbliebene ExoMars Trace Gas Orbiter beim Telefonieren.
Bessere Bilder und Schutz vor Staub
Die Umgebungsbedingungen auf dem Mars fordern von der eingesetzten Technik Höchstleistung ab. Zum einen arbeitet der Rover innerhalb eines Luftdrucks von 0,00636 Bar, was auf der Erde einem atmosphärischen Druck in 35 km Höhe entspricht. Zum anderen herrschen auf dem Planeten Temperaturschwankungen zwischen knapp +20 und –120 °C. Weiterhin beeinträchtigt der vom Rover aufgewirbelte Staub die Funktionssicherheit der hochpräzisen Mess- und Analysetechnik – weshalb die Panoramakamera an ihrem Mast auch 2 m über dem Boden hängt. «Wir schützen die Optik und können von der erhöhten Position zudem wesentlich bessere Panoramabilder aufnehmen», erklärt Jonathan Jones, Ingenieur für Mechanik und Thermodynamik bei dem Mullard Space Science Laboratory (MSSL) südlich von London.
Mit den vor den Weitwinkelkameras liegenden Filtern hat das MSSL ein System geschaffen, das in der Lage sein wird während der für 2020 geplanten Mission Aufnahmen in unterschiedlichen Frequenzbereichen zu machen – und damit Bilder mit variierenden Inhalten zu erzeugen. «Geplant ist, täglich zehn Bilder zur Erde zu schicken», sagt Jones. Was auf den ersten Blick recht wenig klingt, entpuppt sich im Detail als anspruchsvoll. Zunächst erstellt die Kamera für ein Bild drei Aufnahmen. Diese werden dann zur Erde geschickt und dort zur Erstellung des eigentlichen Bildes übereinandergelegt. Mehr als zehn seien pro Tag aufgrund der geringen Datenbandbreite der Funkkommunikation zwischen den benachbarten Planeten nicht drin.
Schrittmotoren positionieren die Objektivfilter
Elf Filter sind es pro Rad, die es den PanCam- Weitwinkelkameras erlauben, unterschiedliche Aufnahmen mit veränderten Lichtverhältnissen zu machen. Diese Filterräder rotieren vor den beiden Weitwinkelkameras und müssen für scharfe Bilder exakt in Position gebracht werden. Als Antrieb des rotierenden Filtersystems setzt MSSL zwei Schrittmotoren aus dem PRECIstep-Portfolio von Faulhaber ein. Und diese spielen während der aktuellen Langzeittests ihre Vorteile voll aus. Die MSSL-Ingenieure waren bei der Entwicklung der Panoramakamera auf der Suche nach Motoren, die verlässlich und präzise positionieren und dazu auch noch sehr klein sind.
Schrittmotoren empfehlen sich in dieser aussergewöhnlichen Applikation besonders nicht nur, weil sie ohne gesondertes Rückführungssystem mit einer Auflösung von 1280 Schritten pro Umdrehung genau positionieren, sondern weil sie auch in der Handhabung deutlich einfacher und robuster sind als klassische Servomotoren. Der Fokusmechanismus der hochauflösenden Kamera wird durch einen PRECIstep-Schrittmotor angetrieben, der exakt dem aussen angelegten Feld folgt, ohne dass er aufwendig eingeregelt werden muss.
Regelung verhindert Jitterr
«Es ist die perfekte Lösung für optische Anwendungen, da die Motoren die Objektiveinstellung dank ihres Restmoments auch ohne Strom halten können. Zudem wird durch die Regelung im offenen Regelkreis Jitter vermieden und es können somit sehr scharfe und klare Bilder gemacht werden», erklärt Sébastien Vaneberg, Vertriebsingenieur bei der Faulhaber PRECIstep SA. Die Schweizer Gesellschaft ist innerhalb der Faulhaber-Gruppe spezialisiert auf winzig kleine Schrittmotoren. «Um es auf den Punkt zu bringen: es handelt sich hier um einen einfach aufgebauten und widerstandsfähigen Antrieb mit aussergewöhnlichen Fähigkeiten, der ideal für die rauen Bedingungen im Weltraum geeignet ist.»
Kleinstmotoren mit Mars-Zulassung
In jeder Kamera der PanCam messen die beiden Antriebe gerade einmal 10 mm im Durchmesser. Der Schrittmotor zählt 20 Schritte pro Umdrehung und ist mit einem Präzisionsgetriebe gleichen Durchmessers kombiniert, das eine Übersetzung von 64/1 liefert. In einer engen Engineering-Zusammenarbeit mit MSSL hat Faulhaber PRECIstep die beiden Antriebe noch für den kommenden Einsatz auf der Marsoberfläche den nötigen technischen Voraussetzungen angepasst. Hierzu zählen zum Beispiel ein Trockenschmierstoff sowie angepasste Sinterlager. „Die Motoren müssen auf dem Mars überleben können“, bringt Jonathan Jones die Anforderungen an die Faulhaber-Antriebe knapp auf den Punkt. Und damit später nach der Landung nichts dem Zufall überlassen wird, testet das MSSL die Komponenten der Panoramakamera aktuell in einer Versuchsumgebung. Die Rahmenbedingungen gehen noch über die Verhältnisse auf dem Mars hinaus. Die Positionierantriebe müssen 5000 Zyklen positionieren – und dieses innerhalb wechselnder Temperaturen zwischen –130 und +50 °C. «Der Versuch läuft und die Motoren zeigen sehr gute Eigenschaften», freut sich Jonathan Jones. «Neben Faulhaber hat es nichts Vergleichsbares auf dem Markt gegeben, als es um die Konzeption der Antriebe ging.»
Faulhaber gehört laut Jones zudem zum Standard der European Space Agency, die das ExoMars-Projekt in Zusammenarbeit mit der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos bis 2020 auf die Startrampe bringen will.
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