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Nur saubere Schiffe sind schnelle Schiffe

Eine spezielle Roboterraupe entfernt Biofilmschichten an den Unterwasserteilen von Schiffen. Für das batteriebetriebene, autonom operierende Fahrzeug war die Auswahl der richtigen Antriebe besonders wichtig. Die Wahl fiel auf Flachmotoren.

 

Video von HullBUG

Ein Schiff, das mit sauberer Unterwasserfläche fährt, spart bei den Kraftstoffkosten über fünf Prozent. Zudem fährt ein grosses Schiff im gereinigten Zustand bis zu 10 km/h schneller. Gegen Biofilmschichten wird die unter Wasser liegende Fläche speziell lackiert. Diese Lacke wirken jedoch nicht nur gegen den Biofilm, sondern – unerwünschterweise – auch gegen die Umwelt. Um die Verwendung dieser giftigen Lacke dauerhaft zu vermeiden, suchte man eine Lösung, um den Biofilm auf der Unterseite eines Schiffs schonend, aber dennoch effizient zu beseitigen.

Aus diesen Überlegungen entwickelte die SeaRobotics Corporation das Konzept des HullBUG (Hull Bioinspired Underwater Groom­ing). «Das wichtigste Merkmal des HullBUG ist seine geringe Grösse», erklärt Dr. Kenneth Holappa, Forschungsingenieur bei SeaRobotics. Der Roboter ist nur etwa einen halben Meter lang. Dies war ein notwendiges Konstruktionskriterium, damit das Fahrzeug über die geschwungene Oberfläche der Schiffsunterseite manövrieren kann, ohne den Kontakt zur Oberfläche zu verlieren.

EC-Flachmotoren mit Planetengetriebe

Mit dem Betrieb eines automatisierten Unterwassergeräts sind Gefahren verbunden: So könnte das Gerät in einer Hafenumgebung verloren gehen oder im Betrieb zerstört werden. Deshalb war es besonders wichtig, dass Abmessungen und Kosten tief blieben. Bei der Auswahl der Antriebsmotoren für den HullBUG kam eine Reihe entscheidender konstruktiver Einschränkungen und Kompromisse ins Spiel. So entschied sich SeaRobotics für die Herstellung von zwei Basismodellen, eines mit Rädern und ein weiteres mit Raupenketten. Für die Grössenbestimmung der Motoren musste man die Leistungs-, Drehzahl- und Drehmomentkennwerte der fertigen Geräte schätzen. Dabei musste man auch den Widerstand durch das Schieben des Abstreifwerkzeugs über den Schiffsrumpf, den hydrodynamischen Widerstand des Fahrzeugs bei seiner Bewegung durch das Wasser, Reibungsverluste in den Wellendichtungen, die die Motoren vor Salzwasser schützen sowie – je nach Version – die Reibung der Räder oder Raupenketten berücksichtigen.

«Nach umfassender Komponentenrecherche entschieden wir uns, Motoren und Getriebe von maxon motor zu verwenden», sagt Holappa. «Diese Motoren bieten nicht nur eine kostengünstige Lösung, sie sind auch äusserst effizient und sehr einfach zu instal­lieren.» Das Unternehmen entschied sich für EC-Flachmotoren mit Planetengetriebe. In der Raupenkettenversion des Fahrzeugs kommen zwei (EC 45 flat sowie GP 42C) und in der Radversion vier Antriebe zum Einsatz.

Mehr als 30 W Abgabeleistung

Ein weiterer EC 45-Motor ist in das Abstreifwerkzeug des Roboters integriert. Dieser ist mit einem einfachen Stirnradgetriebe kombiniert. Für den Antrieb des Unterdrucksystems, das den HullBUG an der Unterseite des Schiffs festhält, kommt ein starker EC 90 Flachmotor zum Einsatz. Die für den HullBUG ausgewählten Flachmotoren EC 45 arbeiten äusserst effizient und wiegen jeweils nur 75 g. Alle sechs EC-Flachmotoren haben eine Abgabeleistung von mehr als 30 W. Die wichtigste Spezifikation für diese Anwendung war das Drehmoment. Selbst unter den rauen Umgebungsbedingungen, in denen man den HullBUG einsetzen kann, liefert der EC 45 je nach ausgewählter Wicklung ein maximales dauerhaftes Drehmoment von bis zu 56 mNm. Holappa erläutert: «Die grosse Belastbarkeit der GP 42-Getriebe erlaubt es, die Räder direkt an die Wellen der Getriebe zu montieren, was die Komplexität der Gesamtkonstruktion des Systems erheblich verringert.»

Unter der Vorgabe, dass das Roboterfahrzeug vollständig autonom sein sollte, mussten die Fachleute es so konstruieren, dass es mehrere Stunden im Batteriebetrieb arbeiten kann. Kabel würden die Abstreifarbeiten nur behindern. Um eine maximale Batterielebensdauer zu erreichen, muss das Abstreifen des Biofilms zudem auf möglichst effiziente Art und Weise erfolgen.

Hall-Sensoren statt zusätzliche optische Encoder

Um die grosse Unterwasserfläche eines Schiffs zu säubern, muss der Anwender mehrere HullBUG-Fahrzeuge gleichzeitig einsetzen. Er benötigt dafür ein System, das eine durchdachte und koordinierte Navigation sicherstellt. Deshalb wurde ein Set von verschiedenen Navigationsmodi entwickelt, mit deren Hilfe mehrere HullBUGs ein Schiff effizient säubern können. Die Unterwasserfläche des Schiffs wird dafür in Regionen unterteilt. Zahlreiche Algorithmen und entsprechende Sensoren tragen ihr Weiteres dazu bei.

Zudem ist es denkbar, den Roboter über das Miniature Acoustic Ranging Sonar (MARS) zu steuern. Zu diesem Zweck wurde ein Kurzstreckensonar mit gebündeltem Sendestrahl entwickelt, mit dem das Fahrzeug vorausliegende Wände oder einfallende Kanten sehen kann. Eine weitere Navigationsart nutzt mikroelektromechanische Sensorsysteme (MEMS) für die Navigationsinformationen. Ein anderer Feedback-Modus nutzt Encoder-basierte Odometrie. Diese dient zur Positionsbestimmung eines mobilen Systems anhand der Daten seines Vortriebssystems. Dabei zieht man Sensorrückmeldungen vom Motor zur genauen Abschätzung des Weges heran. Aufgrund ihrer geringeren Grösse sowie aus Kostengründen wurden die Hall-Sensoren des Motors anstelle von zusätzlichen optischen Encodern verwendet. Die Hall-Sensoren für die Odometriemessung mit der gewählten Motor/Getriebe-Kombination bieten eine Genauigkeit <1 mm.

Nach kurzer Schulung ist das Gerät beherrschbar

Eine der grösseren Herausforderungen des Entwicklungsteams war, störungsfreie und zuverlässige Navigationsmanöver auszuarbeiten, die auch unter speziellen Umweltbedingungen eine präzise Positionierung erlaubten. Mehrere Programmierungen waren erforderlich, um auf die vielen unterschiedlichen Situationen zu reagieren, die im Verlauf der Rumpfreinigung auftreten können. Der schwierigste Teil dieses komplexen Systems war die richtige Organisation der Steuerungslogik, die eine Erweiterung des Navigationsverhaltens gestatten sollte. «Auch nach Jahren harter Arbeit, fliesst weiterhin ein hoher Aufwand in die Softwareentwicklung», erläutert Holappa. «Obwohl das Fahrzeug vollständig einsatzbereit ist, sind noch umfassende Tests an Schiffen durchzuführen.» Bereits jetzt muss das Fahrzeug seine Aufgaben unter sehr ungünstigen Bedingungen und in nicht kartografiertem Gelände erledigen können. Zudem muss es in der Lage sein, zur Bergung an die Wasseroberfläche zurückzukehren. Dies klingt zwar nach einer äusserst schwierigen Aufgabe, doch Holappa ist optimistisch: «Vor Kurzem schulten wir einen Techniker in der Anwendung, und er beherrschte das Gerät innert kürzester Zeit.»

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