Wer schon einmal ratlos vor seinem Sicherungskasten stand, versteht sofort, wie wichtig in industriellen Schaltschränken eine zuverlässige Kennzeichnung aller Komponenten ist. Denn dort kommt alles zusammen: Kabel, Sicherungen, Relais, Trafos und vieles mehr. Nur wenn alles richtig verbunden ist, läuft die Automatisierungstechnik zuverlässig.
Die Pläne für die Verdrahtung entstehen heute am Computer mit Hilfe von Planungssystemen. Diese Systeme liefern ohne Mehraufwand gleich den Inhalt für die Beschriftung der Komponenten. Das Ganze druckt man dann mit entsprechenden Druckern aus. Ein Beispiel dafür sind die Markierungssysteme, die das Detmolder Unternehmen Weidmüller entwickelt und produziert. Das Tintenstrahlbeschriftungssystem PrintJet ADVANCED (PJA) bedruckt sowohl Metall- als auch Kunststoff farbig. Die Software M-Print PRO übernimmt dazu die Daten aus dem Planungssystem und übergibt sie im passenden Format an den industrietauglichen Spezialdrucker.
Spezialdruck widersteht Benzin, Bohröl, Handschweiss und Aceton
PJA hat auf den ersten Blick Gemeinsamkeiten mit gewöhnlichen Bürodruckern: Vier Druckpatronen der Farben Cyan, Magenta, Yellow und Black werden über den Druckkopf im Multipass-Verfahren auf dem zu bedruckenden Material aufgebracht. Die Farbe zum langlebigen Beschriften der Kunststoff- oder Metallmarkierer ist aber keine gewöhnliche Druckerfarbe, sondern eine spezielle Eigenentwickelung. Sie ist zwar wie gewöhnliche Tinte wasserbasiert, jedoch für nicht saugende Untergründe ausgelegt. Beim Druck fixiert ein Infarotlicht durch Wärmeeinwirkung die Farben und polymerisiert diese. Dabei verbinden sich die Moleküle in der Tinte zu langen, stabilen Ketten. Dadurch ist der Aufdruck wisch- und kratzresistent, widersteht Benzin, Bohröl, Handschweiss sowie einer Vielzahl an Löse- und Reinigungsmitteln sowie den meisten anderen industrieüblichen Chemikalien.
Eine korrekte Polymerisation ist also entscheidend für die Haltbarkeit des Aufdrucks. Michael Gockel, Entwicklungsleiter für Markierungen und Werkzeuge bei Weidmüller, beschreibt den Ablauf der Fixierung: «Die bedruckten Kunststoff- oder Metallmarkierer fahren durch eine Fixierstrecke mit Infrarotstrahlern und werden einige Sekunden lang einer definierten Temperatur ausgesetzt. Bei den Metallmarkierern dauert dieser Vorgang etwas länger. Fahren die Karten zu schnell, wird unvollständig fixiert und die Farbe nicht ausreichend fest. Im gegenteiligen Fall bekommt die Farbe zu viel Hitze ab und das Material wird unnötig hohen Temperaturen ausgesetzt. Es kommt also auf eine präzise, reproduzierbare Durchlaufgeschwindigkeit an, um gleichbleibende Druckqualität zu garantieren.»
Absoluter Gleichlauf mit Hilfe eines integrierten Speed Controllers
Dazu muss der Motor, der die Karten durch die Fixierstrecke befördert, absolut gleichmässig laufen. Diese Aufgabe übernimmt ein Flachläufer von nur 7 mm Länge, der Gleichstrommotor der Baureihe 2619 von Faulhaber. Sein integrierter Speed Controller sorgt für eine gleichbleibende Drehzahl, sein hohes Drehmoment für eine gleichmässige Leistungsabgabe auch unter Last. Zusammen mit dem 12 mm langen Getriebe misst der ganze Antrieb weniger als zwei Zentimeter – ein entscheidender Vorteil, da im Gehäuse des Spezialdruckers der Platz begrenzt ist. «Alternative Lösungen sind hier bis zu zwei- oder dreimal so lang», ergänzt Gockel.
Zu Beginn eines Druckjobs fällt eine MultiCard, die bis zu zweihundert einzelne Schilder enthält, aus dem integrierten Magazin auf eine Förderstrecke und wird in die Startpositon vor dem Bedrucken transportiert. Gockel erklärt: «Für diesen kurzen Transport hatten wir früher einen einfachen Motor im Einsatz, dessen Geschwindigkeit um bis zu 20 % des Sollwertes schwanken konnte. Diese Abweichung musste mit sehr hohem Aufwand nachgeregelt werden. Jetzt sparen wir uns einigen Aufwand. Eine Justage beim Transport ist nicht mehr nötig, weil diese Geschwindigkeitsschwankungen nun wegfallen.»
Der gleiche Motor, der in der Fixierstrecke eingesetzt wird, synchronisiert auch den Transport der Karten durch die Druckeinheit. Hier sind die Anforderungen ähnlich: Die Anfangsposition wird bei der Referenzierung überprüft. Die Karte in der Druckeinheit vorgeschoben und bedruckt. «Durch die Referenzierung werden Material und Beschriftung genau platziert», erläutert Gockel. «Damit der Druckkopf aber immer die richtige Position trifft, muss der Transport der MultiCard absolut präzise erfolgen. Die Kopplung von Druckeinheit und Fixierstrecke, die früher eigens geregelt werden musste, funktioniert jetzt ebenfalls problemlos», erläutert der Entwicklungsleiter. «Der absolute Gleichlauf der Antriebe erlaubt zuverlässiges Positionieren und macht somit jede zusätzliche Regelung oder Programmanpassung überflüssig – sie laufen automatisch synchron.»
Höchste Druckqualität auf Kunststoff und Metall bis 1200 dpi
Der PJA kann bis zu 8000 Markierer pro Stunde drucken und ist damit für den mittleren Bedarf ideal geeignet. Es gibt Laserdrucker, die schneller sind und bei grossen Stückzahlen eingesetzt werden. Sie erfordern allerdings deutlich höhere Investitionen und beherrschen den Farbdruck nicht. Alternative Technologien wie der Thermotransfer oder Tintenstrahldrucken mit UV-härtenden Tinten haben spezifische Einschränkungen, etwa bei der Wahl des Markierungsmaterials. «Der PrintJet Advanced kann alle Varianten der notwendigen Beschriftung im Schaltschrankbau abdecken», betont Gockel. «Er kann sowohl Kunststoff als auch Metall bedrucken und beherrscht den Farbdruck auf unseren Markierern – bei höchster Druckqualität, mit 600 oder 1200 dpi. Damit ist nicht nur die Herstellung von Kennzeichnungen und Texten, sondern auch von Warnsymbolen oder zuverlässigen Data-Matrixcodes möglich.» Die mit der Weidmüller-Technologie bedruckten Markierungen finden sich überwiegend in Schaltschränken aller Sparten der Industrie, aber auch im Transportwesen, etwa in Schiffen und Zügen wieder.
Bei der Entwicklung des PJA waren auch Antriebsexperten involviert. Von ihnen kam nicht nur die übliche eingehende Beratung und anwendungsspezifische Auslegung des Antriebs. «Damit er perfekt zum Drucker passt, haben wir einige Modifikationen am Motor vorgenommen», berichtet Thomas Kraus, der das Projekt bei Faulhaber betreut hat. «Unter anderem haben wir den Stecker und die Litze angepasst, das Kabel mit einer Zugentlastung versehen, die Länge der Motorabtriebswelle verändert und auf ihr eine Fläche zum Aufbringen eines Rades angebracht. Ausserdem wurde die Steuerungsplatine neu parametriert und die Steuerfrequenz angepasst, um den bestmöglichen Rundlauf zu erhalten. Damit bietet die Einheit eine integrierte Tempomat-Funktion, die zum Beispiel dafür sorgt, dass die unterschiedlich schweren Kunststoff- und Metallkarten immer konstant mit der richtigen Geschwindigkeit befördert werden.» Beide Seiten haben die Zusammenarbeit und den fachlichen Austausch in guter Erinnerung. Es zeigt sich, wenn Antriebsspezialisten frühzeitig in die Produktentwicklung miteinbezogen werden, lassen sich innovative Ideen noch besser realisieren.
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