Der prinzipielle Aufbau eines Kugellagers ist einfach. Es besteht aus einem Aussenring mit einer Führung oder Rinne für die Kugeln, dem Käfig, der die Kugeln in bestimmten Abständen hält, und einem Innenring, eventuell ebenfalls mit Führung. In manchen Fällen kommen noch Dichtscheiben dazu. Die Kugeln rollen bei einer Drehung des Aussenrings in der Mitte mit, während der Innenring stehen bleibt. Auf diese Weise dreht sich ein Rad ganz leichtgängig, scheinbar ohne grossen Kraftaufwand und nahezu reibungsfrei. Das entscheidende Bauteil in einem solchen Lager ist die Kugel, weil sie den grössten Teil der Belastung aufnehmen muss und dabei nur in je einem Punkt einen der beiden Ringe berührt.
Feinmechanische Tausendsassas: Automatikuhren
Hochwertige Automatikuhren werden in vielen Ländern hergestellt. Doch das Synonym für die mechanische Zeitmessung auf Weltniveau ist und bleibt die Schweizer Uhr. Diese Stellung beruht auf langer Tradition, umfangreichem Know-how sowie einer breit gefächerten Infrastruktur an erfahrenen und kompetenten Zulieferfirmen. Die Qualität rührt auch von der aufwendigen Feinmechanik her, die die edlen Schweizer Stücke zu kleinen Höchstleistungsmaschinen macht. In den Uhrengehäusen lässt sich eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen unterbringen, angefangen von Komplikationen wie Stoppuhr und ewigem Kalender zum sogenannten Tourbillon, der sogar den Einfluss der Erdanziehungskraft auf die Ganggenauigkeit ausgleichen kann. Dazu muss eine Vielzahl beweglicher Teile präzise und zuverlässig zusammenarbeiten, damit die Uhren dauerhaft und genau funktionieren.
Perfekte Kugelform bei 0,14 mm Durchmesser
Bei den Schweizer Automatikuhren spielt dabei der Rotor, der die Uhrenfeder bei Armbewegungen des Trägers in kleinen Schritten aufzieht, eine wesentliche Rolle. Der Kugellagerrotor gilt bei den meschanischen Meisterwerken als Standard. Die winzigen Kugeln in seinem Lager stammen meist ebenfalls aus der Schweiz. Denn für die Herstellung kleiner und kleinster Kugeln mit minimaler Toleranz hat die Faulhaber-Tochter MPS im schweizerischen Biel über viele Jahrzehnte know-how und Erfahrungen gesammelt und eine eigene Technologie entwickelt.
Auf den Nanometer genau geschliffen
Das Grundmaterial für die Präzisionskugeln besteht aus Abschnitten von gezogenem Edelstahldraht oder mittlerweile auch aus keramischem Zirkonoxid-Granulat. Die extrem harte und verschleissfeste Keramik hat inzwischen in vielen derartigen Rotorlagern Einzug gehalten, weil Stahlkugeln regelmässiger Schmierung bedürfen. Die Fertigung verläuft jedoch bei beiden Materialien ähnlich: Der körnige Rohstoff wird zunächst auf Schleifscheiben mit präzise geformten Rillen bearbeitet. Es ist ein vielstufiger Prozess mit immer feiner schleifenden Scheiben. Je nach Grösse kann es bis zu mehreren Wochen dauern, bis Drahtstückchen oder Keramikgranulat die perfekte Kugelform erreicht haben. Die maximale Abweichung bei Durchmesser, Rundheit und Rauheit der Oberfläche liegt dann im Nanometerbereich.
Geprüft auf Herz und Nieren
Im Jahr verlassen 35 bis 40 Mio. Kugeln und Kügelchen das Werk in Biel, von denen die kleinsten einen Durchmesser von lediglich 0,14 mm haben. Sie alle durchlaufen eine mehrstufige Endkontrolle. Der letzte Schritt ist dabei die Sichtprüfung unter dem Mikroskop. Dabei lassen die Fachkräfte eine Charge Kugeln in einer kleinen Schale hin und her rollen. Ihre geschulten Augen entdecken dabei eventuell verbleibende Abweichungen und Auffälligkeiten.
Es braucht Handarbeit und Erfahrung
Um diese Kugeln, als zentrale Komponenten, entstehen dann zahlreiche verschiedene Lager und Systeme in kleinen Dimensionen. Das kleinste Kugellager hat beispielsweise einen Aussendurchmesser von 1,28 mm. Auch das Lagergehäuse wird im eigenen Haus gefertigt. Schliesslich sind hier Qualität und Präzision ebenfalls obligatorisch. Schlussendlich werden dann die Einzelteile des Gehäuses und die Kugeln in Handarbeit von hochspezialisierten Mitarbeitern zusammengefügt.
Von der Uhr in den Körper: Arzneimittelpumpen
Die kleinen Kugellager aus der Schweiz haben sich mittlerweile viele weitere Anwendungsbereiche erschlossen. MPS integriert beispielsweise Keramiklager in den Pumpenkopf für Arzneimittelpumpen. Das Implantat wurde inzwischen mehr als 250 000 Menschen eingepflanzt. Die Pumpe wird vor allem bei chronischen Schmerzen genutzt. Patienten können dank automatischer und präzise dosierter Gabe des Schmerzmittels wieder ein weitgehend normales Leben führen.
Präzise Lagersysteme für verschiedene Anwengungen
Neben den Uhrenherstellern und der Medizintechnik gehören die Sicherheitstechnik und die Industrie im Allgemeinen zu den Abnehmern ähnlicher Systeme. Dazu gehören z. B. eine Hochgeschwindigkeitsspindel für die Glasbearbeitung, ein Kugeldifferenzial für ein Fokussierungssystem, ein linearer Messkopf, unterschiedliche Kugelrollspindeln, ein Stellantrieb für Raketenleitwerke sowie ein Hexapod zur sicheren Positionierung von Fixierungsschrauben in der Wirbelsäule.
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