Wer einen neuen Kühlschrank kaufen will, findet rasch das energieeffizienteste Modell. Ungleich schwerer hat es ein Produktionsleiter, der eine energieeffiziente Anlage sucht. Er muss sich gleich mehrere Fragen stellen: Ist neben den Antrieben auch die Wahl der Ansteuerung richtig? Und welche anderen Teile müssen noch in die energetische Betrachtung einfliessen? Axel-Andreas Gomeringer, Leiter Innovations- und Technologiemanagement bei Festo (www.festo.com), kennt diese Fragen: «Energieeffizienz ist immer von der jeweiligen Anwendung abhängig. Darum sollte sich ein Anwender auch erst, wenn eine Aufgabe klar definiert ist, für eine Antriebstechnologie entscheiden.»
Konkurrenz durch elektrische Antriebe?
Anlagenbauer setzen aber oft intuitiv pneumatische Systeme ein, weil sie viel Flexibilität zu einem niedrigen Preis bieten. Elektrische Systeme haben in den letzten Jahren zwar aufgeholt, und es ist sogar immer wieder zu hören, dass sie die druckluftbetriebenen Systeme längerfristig ablösen würden. Polydrive wollte darum wissen, was an der Debatte «pneumatische vs. elektrische Antriebe» dran ist und hat bei Experten nachgefragt.
Kurt Meili, leitender Produktmanager bei SMC Pneumatik AG (www.smc.ch), kennt die Vor- und Nachteile von pneumatischen Systeme in- und auswendig, arbeitet er doch schon seit vielen Jahren für den Pneumatikspezialisten SMC. Generell stellt er ein hohes Interesse an elektrischen Antrieben fest. Häufig scheuen Kunden jedoch den Programmieraufwand, welcher teilweise für Elektroantriebe benötigt wird. «Pneumatik hingegen ist einfach: Zylinder und Ventil anschliessen – fertig», so Meili. Deshalb hat SMC elektrische Antriebe – vom Linearantrieb über Greifer bis hin zum Schwenkantrieb – entwickelt, welche ebenso einfach in Betrieb zu nehmen sind wie pneumatische Antriebe. Dank vorprogrammierter Parameter sind diese Elektroantriebe ebenfalls in wenigen Minuten angeschlossen und betriebsbereit. Gleichzeitig bieten sie aber die geschätzten Vorteile der Elektrik: genaues Abfragen der Positionierung für die Erkennung unterschiedlicher Werkstücke, Kraftsteuerung für empfindliche Bauteile sowie das Anfahren beliebiger Positionen. Druckluft ist handhabungstechnisch ein sehr einfaches Medium, energietechnisch jedoch schwieriger. «Weil Anlagenbauer und -betreiber davon ausgehen, dass Druckluft in den meisten Betrieben sowieso vorhanden ist, wird kaum eine Vollkostenrechnung gemacht», erklärt Meili. Das heisst, dass die Kosten für die Drucklufterzeugung an einer ganz unscheinbaren Stelle der Kostenrechnung im Produktionsbetrieb auftauchen.
Jede Technik hat Vor- und Nachteile
Die energietechnischen Schwierigkeiten mit der Druckluft beginnen aber bereits bei deren Erzeugung. Daniel Frefel, Geschäftsführer von Prematic AG (www.prematic.ch), einem Hersteller von Druckluftelementen und Kompressoranlagen, beschreibt die Situation so: «Drucklufterzeugung ist eine teure Geschichte: Sie erzeugen aus elektrischer Energie über einen Kolben oder über ein Schraubenelement Druckluft, was höchst ineffizient ist. Im Vergleich mit der entstehenden Abwärme ist es denn auch recht wenig Luft, die hinten raus kommt.» Doch auch hier hat sich in den letzten Jahren einiges verändert. Das meint auch Frefel: «Es ist elementar, dass bei der Lufterzeugung und bei der Aufbereitung von Luft sorgfältig gearbeitet wird.» Einerseits sind dafür drehzahlgeregelte Kompressoren notwendig, andererseits auch gross genug dimensionierte Filterelemente, die man auswechselt, sobald sie mit Ölen, Aerosolen oder Wasser voll sind. Sonst erzeugen sie Widerstände. Auch beim Auslegen von Leitungen muss sichergestellt werden, dass diese genug gross dimensioniert werden. Die Arbeit mit zu kleinen Dimensionen führt mit Querschnittsverengungen zu Druckabfall. Und schliesslich sind auch die Anwendungen zu prüfen, inklusive aller Zylinder und Ventile, damit Leckagen reduziert bzw. im Idealfall verhindert werden. Denn jede Leckage verursacht Kosten, weil der Kompressor unnötig läuft.
Druckluft bietet noch Sparpotenzial
Kosten sparen im Bereich Druckluft ist seit Jahren ein Thema. Welche Fortschritte hat man bereits erzielt? Frefel sieht noch Poten-zial: «Vor dem Sparen muss ein Effort geleistet werden. Papier ist sehr viel da, auch in Form von Checklisten. Aber vielfach sind die Papiere in den Schubladen. Natürlich könnte man sparen, zwischen 25 und 40 Prozent, sehr viel also. Wir merken, dass wir als Druckluftspezialisten gefordert sind, aufzuklären und umzusetzen.» Es ist gemäss Frefel Knochenarbeit, Ventile auf Verluste zu prüfen. Oder herauszufinden, welche Kupplungen undicht sind usw. Obwohl es Hilfsmittel wie Ultraschall gibt, die Luftverluste messen und helfen, Leckagen zu kennzeichnen. Den Luftverlust hingegen zu stoppen, das ist mühsam und zeitaufwendig. Ein anderes, einfacheres Mittel, Druckluftaufbereitung effizienter zu gestalten, ist das Absperrventil, mit dem man kompressorseitig absperrt. Dies verhindert, dass der Kompressor ständig wieder anspringt.
Auch bei Festo ist man sich des Aufwands bewusst, den Sparbemühungen erfordern. Trotzdem startet der Spezialist für pneumatische und elektrische Antriebstechnik eine Offensive für mehr Drucklufteffizienz. Je nach Anforderung der Druckluftanlagen eines Kunden stellt Festo individuell Diagnose-Tools, Sicherheitsfunktionen nach ISO und einbaufertige Systemlösungen bereit; im Wissen, dass bereits einige kleine Kniffe in Summe mehr Effizienz in jede Anlage bringen.