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Neue Ansätze für hochpräzise Positioniersysteme

Bei Inspektions- und Fertigungssystemen der Halbleiterindustrie sind heute mechanische Präzisionsführungen oder Luftlagertechnik mit magnetischen Linearmotoren Stand der Technik. Bei steigenden Anforderungen an die Präzision bis hinunter zu einigen Nanometern stossen solche Systeme jedoch an ihre Grenzen.

 

Ähnliche Anforderungen wie in der Halbleiterindustrie gibt es auch im «Life-Science»- und «Biotech»-Sektor oder der Materialforschung, wo man ebenfalls nanometergenau arbeiten muss. Interessante Perspektiven für diese Bereiche erschliesst ein neues elektromagnetisches Positioniersystem, bei dem der passive Läufer auf einem magnetischen Feld schwebt und durch dieses aktiv geführt wird. Objekte lassen sich auf diese Weise mit einer hohen Führungsgenauigkeit in der Ebene linear bzw. rotativ bewegen.

Ein bekanntes Beispiel für magnetische Schwebeantriebe liefern die sogenannten Magnetschwebebahnen. Hier nutzt man Magnetfelder, um Lasten in einen Schwebezustand zu bringen. Ein wesentlicher Vorteil dieses Prinzips, das Techniker schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts fasziniert, ist das Fehlen eines mechanischen Kontaktes in Antriebsstrang und Führung. Es gibt folglich keine Reibung.

Eine Reibungsfreiheit hat viele Vorteile

Diese Reibungsfreiheit beim magnetischen Schweben ist eine optimale Voraussetzung für eine hochgenaue Positionierung. Es gibt jedoch noch weitere Vorteile: Weil es keine Reibung gibt, entsteht auch kein Abrieb, der den Arbeitsraum verunreinigen könnte. Ausserdem sind weder Luft noch Fett als Schmiermittel notwendig. Dadurch können magnetisch geführte Systeme gut im Vakuum oder unter Stickstoffatmosphäre arbeiten. Diese Eigenschaften sind z.B. in der automatisierten Halbleiterfertigung nützlich, um einen Wafer zu bewegen, in sechs Freiheitsgraden nanometergenau auszurichten und dabei für die Bearbeitung präzise im Raum zu positionieren.

Aufwendige Lösungen stossen an ihre Grenzen

Bisherige Positionierlösungen dagegen waren sehr aufwendig. Luftlager sind nur bedingt vakuumgeeignet und die Druckluftversorgung muss man zur Verfügung stellen. Planare mag- netische Führungen nutzen üblicherweise ein Array aus Spulen und Magneten im Stator und Läufer. Je nach Position des Läufers muss man aber jede der Spulen sehr aufwendig individuell bestromen. Zudem ist die Integ-ration eines hochauflösenden Messsystems, mit dem sich die Schwebehöhe (z) und eine Verkippung des Läufers um die horizontalen Achsen (x, y) erfassen lassen, sehr schwierig.

Selbst aufwendige und 6D-Laserinterferometer benötigen dazu eine höchst ebene Referenzfläche in der Grösse des x-y-Fahrbereiches. Die strukturelle Anordnung solcher sich gegenüberliegender Arrays aus Spulen und Mag-neten bietet jedoch keinen Freiraum für diese Referenzfläche im Inneren des Motors. Aussen angeordnet, würde diese die nutzbare Auflagefläche für ein zu bewegendes Objekt stark einschränken. Ein hochauflösendes Mess- system für alle sechs Freiheitsgrade ist jedoch Voraussetzung für eine exakte Positionierung, wie sie beispielsweise die Waferbearbeitung erfordert. Wesentlich vielversprechender ist deshalb ein anderer Ansatz.

Eine einfache Struktur mit grosser Wirkung

Die Firma Physik Instrumente als Spezialist für präzise Positioniersysteme hat in Kooperation mit dem Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik-Systeme und dem Fachbereich Mechatronik der Universität Ilmenau ein neues Positioniersystem entwickelt, das ebenfalls auf dem Prinzip des magnetischen Schwebens (Magnetic-Levitation) basiert. Aufgrund seines einfachen Aufbaus bietet das neue System gegenüber den bekannten Lösungsansätzen gleich eine ganze Reihe an Vorzügen.

Der Läufer schwebt auf einem magnetischen Feld, das lediglich durch sechs planare Spulen im Stator erzeugt wird und sich aktiv über einen 6D-Sensor regeln lässt. Der Läufer selbst ist passiv, kommt also ohne elektrische Zuleitungen aus. Dies erhöht die Bewegungsfreiheit, und es gibt keine bewegten Kabel, welche die schnelle, grossflächige und präzise Bewegung des Läufers beeinflussen. Die Anordnung der Magnete im passiven Läufer nach dem Halbach-Prinzip erlaubt höhere Nutzlasten, minimiert die zum Tragen des Läufers notwendige Energie der aktiven Spulen im Stator und senkt die thermische Belastung.

Die Temperaturstabilität des Arbeitsraumes ist wichtig

Die Halbach-Arrays setzen sich aus Segmenten von Permanentmagneten zusammen, deren Magnetisierungsrichtung gegeneinander jeweils um 90° in Richtung der Längsachse des Arrays gekippt ist. Auf der einen Seite rücken die Feldlinien dadurch näher zusammen, was eine Erhöhung der magnetischen Flussdichte bewirkt. Auf der gegenüberliegenden Seite liegen die Feldlinien weniger eng als im ungestörten Magneten, daher wird das Feld schon in geringem Abstand abgeschwächt bzw. nur sehr gering ausgebildet.

Um eine hohe Temperaturstabilität des Arbeitsraumes zu gewährleisten, sind lediglich die Antriebsspulen im Stator von einem sehr flachen, sandwichartigen Kühlsystem umgeben, welches die Verlustwärme effizient abführt. Im Betrieb des Systems beträgt dadurch die Temperaturerhöhung an der Spulenoberseite weniger als 1 K.

Im Stator ist ein Messsystem integriert

Das «Herz» der Positionsregelung ist das im Stator integrierte, hochauflösende Mess-system für die sechs Freiheitsgrade. Im Gegensatz zu bisherigen Lösungen, die z.B. auf einem laserinterferometrischen Prinzip beruhen und Positionsdaten aus drei um den Läufer verteilten Lasersensoren gewinnen, ist der Sensorkopf des «Mag6D» wesentlich kompakter. Er besteht aus optischen und kapazitiven Sensorelementen und erfasst die Position des Läufers in allen sechs Freiheitsgraden. Der inkrementale optische 2D-Sensor besitzt eine Auflösung von 10 nm und kann Verdrehungen um die vertikale Achse bis zu ±0,25° aufnehmen.

Die äusserst ebene Referenzfläche für den optischen Sensor besteht aus einem Material mit geringer Wärmedehnung und trägt eine Rasterstruktur, die sich in den Koordinaten x-y-rz abtasten lassen. Sie dient ebenfalls als Messelektrode für die drei kapazitiven Sensorpaare zur Erfassung der Koordinaten z-rx-ry. Die Referenzfläche befindet sich mittig unterhalb des magnetisch schwebenden Läufers. Auch für das Messsystem benötigt der Läufer somit keine elektrische Zuleitung.

Der Prototyp des Positioniersystems hat Zukunftspotenzial

Der Prototyp hat aktuell einen Bewegungsbereich von 100x100x0,15 mm. Bahnbewegungen lassen sich bei einer Beschleunigung von bis zu 2 m/s2 und einer Geschwindigkeit von derzeit bis zu 100 mm/s mit Nanometerpräzision durchführen. Bei der Positionierung auf einen Punkt kann man zurzeit in den translatorischen Achsen eine Standardabweichung von <6 nm und in den Kippachsen von <250 nrad erreichen.

Die aktuelle, schon recht fortgeschrittene Entwicklungsstudie PIMag 6D positioniert mit einer Auflösung von 10 nm. Fährt das System z.B. eine Kreisbahn mit 100 nm Durchmesser, liegt die maximale Abweichung von der Ideallinie bei nur wenigen Nanometern.

Der digitale Controller des elektromagnetischen Antriebs kann bereits heute verschiedene Geometriefiles sowie Koordinatentransformationen verarbeiten und bietet damit eine optimale Basis für Skalierungen.

Die Technik hat man bereits einigen Herstellern im Umfeld der Halbleitertechnik vorgestellt und stiess auf grosses Interesse. In die Weiterentwicklung des elektromagnetischen Positioniersystems konnten deshalb konkrete Anwendungsanforderungen einfliessen. Auf die nächsten Entwicklungsschritte darf man folglich gespannt sein.

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